Nominierung Robert-Hochner-Preis

Sehr geehrte Jury,

wir möchten Ihnen vorschlagen, den Robert-Hochner-Preis 2025 zu gleichen Teilen an die beiden Nahost-Korrespondenten des ORF David Kriegleder (Tel Aviv) und Karim El Gawhary (Kairo) zu verleihen.

Begründung:

Emotionale Erregung, ideologische Verhärtungen und propagandistische Verzerrungen erschweren das Handwerk des Journalismus in wachsendem Maß. Im Kontext von Zugangsbeschränkungen, Zensur und öffentlichen Anfeindungen wird faire und faktengetreue Berichterstattung zu einer immer größeren Herausforderung, insbesondere in Krisen- und Kriegsgebieten. Die Ereignisse und die Folgen des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 liefern dafür dramatische und zugleich aussagekräftige Fallbeispiele.

Seither stehen auch die ORF-Nahostkorrespondenten David Kriegleder und Karim El Gawhary vor außergewöhnlichen Anforderungen, überdies  unter permanenter kritischer Beobachtung. Dass sie in der Ereignisdichte des so dramatisch zugespitzen Konflikts zwischen Israel und Palästinensern Übersicht und Umsicht bewahren, zählt zu den Qualitäten ihrer Beiträge für Fernsehen und Radio des ORF.

Dabei müssen sie sich nicht nur häufig in gefährlichen Einsatzgebieten, sondern auch im Minenfeld der politischen und medialen Manipulationen mit besonderer Vorsicht bewegen. Beiden gelingt es, im Kampfgetümmel des Gaza-Krieges, bei Massendemonstrationen in Tel Aviv oder bewaffneten  Auseinandersetzungen im Libanon zwischen mutwilligem Angriff und legitimer Selbstverteidigung zu differenzieren, Kritik an einer rechtsnationalen israelischen Regierung und antisemitische Übergriffe auseinanderzuhalten, die Rechte von Palästinensern, nicht aber ihre terroristischen Fürsprecher zu würdigen.

Diese tägliche Anstrengung im Sinne der Aufklärung und der informativen Versachlichung, aber auch das Bemühen um Empathie für die Leidtragenden aller Seiten zeichnen die  Arbeit von David Kriegleder und Karim El Gawhary aus. Sie recherchieren gründlich, sie wägen ab, sie urteilen nicht vorschnell. Sie scheuen nicht davor zurück, Ungeklärtes als ungeklärt darzustellen. Sie stellen mit Bedacht die Perspektiven und die Argumente nicht einer, sondern aller Konfliktparteien zur Diskussion. Sie nennen aber auch eine terroristische Gräueltat, einen Bruch des Völkerrechts oder eine Verletzung der Menschenwürde beim Namen, unabhängig von den Beweggründen ihrer Urheber.

Dass sie dabei regelmäßig ins Visier interessengeleiter oder ideologisch aufgeladener Kritik geraten, scheint dabei unausweichlich. Sie nehmen für ihre Arbeit aber nicht nur diese Kritik in Kauf, sondern auch extrem aggressive Attacken und Diffamierungen in „sozialen“ Medien bis hin zu offenen Drohungen.

Die Verleihung des Robert Hochner-Preises an David Kriegleder und Karim El Gawhary würde ihre herausragenden individuellen Leistungen unter schwierigen Rahmenbedinungen würdigen. Sie wäre aber auch ein Zeichen der Verteidigung von Pressefreiheit in Zeiten zunehmender Polarisierung.   

Andreas Pfeifer, Bürochef ORF-Berlin
Armin Wolf, ZiB2-Moderator