Absperrungen Isolationsbereich

In der Corona-WG: Tag 1

Für den Nasenabstrich fährt mir die Ärztin mit einem Staberl ziemlich weit ins linke Nasenloch hinauf, echt unangenehm, aber weniger schlimm als befürchtet. In 24 Stunden soll das Testergebnis da sein. Aber wir ziehen jetzt schon ein. Wenn wer positiv ist, muss er morgen eben wieder raus aus unserer Corona-WG am Küniglberg. Bis dahin gilt es, voneinander maximal Abstand zu halten.

Rund 30 ORF-Mitarbeiter*innen sind hier Dienstag Abend eingezogen: Regie, Kameraleute, CvDs, Grafik, Moderator*innen, Maske, Sendeleitung – wen man eben braucht, um die Info-Sendungen von der ZiB um 13h00 bis zur ZiB2 im abgeriegelten Newsroom zu produzieren. Wir haben den zweiten Stock für uns, den darf sonst niemand betreten. Der Rest des ZiB-Teams – Redakteur*innen, Reporter*innen, Dispo und Administration – sitzt im ersten Stock oder in Außenstudios über Wien verteilt und darf zuhause schlafen.

Ich habe Glück, ich habe auch im corona-freien Leben ein Büro in der Chefredaktion gegenüber vom Newsroom, in dem seit heute eben auch ein Bett steht. Es ist etwa 25 cm hoch und 80 breit, die Matratze muss ein überzogenes Brett sein und die Bettwäsche dürfte eine Firma dem ORF aus ihren unverkäuflichen Lagerbeständen überlassen haben. Sagen wir so: Der Mustermix ist mutig. Andererseits: Sieht ja keiner außer mir.

Bett im Büro

Mein Büro ist ca. 15 Quadratmeter groß. Die größte Herausforderung wird hier wohl, zwei Wochen lang Ordnung zu halten. Immerhin werde ich in diesem Raum täglich rund 20 Stunden verbringen. Nur kurz vor der ZiB2 geht es rüber ins Studio und zum Essen in die Gemeinschaftsräume. Sämtliche Bücher und Unterlagen habe ich in einen meiner beiden Kästen verräumt, der zweite wird mein Kleiderschrank.

Die anderen „Isolierten“ wohnen entweder in geräumten Büros oder in den Künstlergarderoben. Die Garderoben haben eigene Duschen, aber keine Fenster. Ich habe ein Fenster, dafür sind es zu den Gemeinschaftsduschen gut 600 Meter durch abgeriegelte Gänge im Haus, knapp 100 davon durch einen abgesperrten Bereich im Freien. Mein WC – die Toilettenanlage im Newsroom – ist nur etwa 100 Meter entfernt, immerhin.

Die ORF-Führung hat offenbar einige Angst davor, dass wir hier herinnen einen Lagerkoller entwickeln und uns gegenseitig an die Gurgel gehen. Um uns zu beschäftigen, wenn wir nicht arbeiten oder schlafen, gibts einen kleinen Fitnessbereich, einen recht großen Raum mit drei Tischtennistischen (zwei ohne Netz), einem Wutzler und vier Playstations, einen Aufenthaltsbereich mit Couchen und Sesseln, einen kleinen Garten und einen Speisesaal. Getränke sind ausreichend vorhanden, Essen auch. Die Getränke sind besser, jedenfalls am ersten Abend.

Tischtennisraum

Beim Einzug hat jeder von uns zwei Handtücher bekommen, sie sollen alle drei Tage gewechselt werden, die Bettwäsche einmal die Woche. Dreimal täglich wird Fieber gemessen. Sollte im Isolationsbereich wer erkranken, wäre das eher blöd. Da könnte schnell das ganze Team ausfallen.

Wir haben uns alle für 14 Tage freiwillig gemeldet, dann lösen uns andere Kolleg*innen ab. Wer es nicht solange aushält, kann jederzeit raus, dann aber nicht mehr retour.

Der isolierte Bereich ist auf den Gängen des ORF-Zentrums mit Gittern und schwarzen Stellwänden abgeriegelt, was recht dramatisch aussieht. Um Mitternacht spaziere ich durch den Newsroom. Er ist völlig menschenleer, ich habe ihn noch nie so gesehen. Selbst das rund um die Uhr besetzte „Monitoring“, das die Nachrichtenagenturen beobachtet, wurdein den ersten Stock übersiedelt. Da darf ich nicht hin.

Newsroom-Panorama

Zähneputzen am Gemeinschafts-WC, noch eine halbe Stunde Lesen am gut bestückten E-Reader, dann beginnt gegen Eins meine erste „Isolations-Nacht“ im neuen Office Home.

Kurz vor fünf Uhr früh schreibe ich diesen Text. Keine Ahnung, was mein nigelnagelneuer ORF-Kopfpolster hauptberuflich macht. Mit Schlaf kann es nichts zu tun haben. Aber wir zwei machen gleich einen neuen Versuch. Bis zur ZiB2 heute Abend ist es noch lang.


Nachtrag von 15h30: Ich konnte dann doch noch zwei Stunden schlafen – und habe mittlerweile auch einen zweiten Polster. 😉
Und die Kolleg*innen von „Mittag in Österreich“ haben unseren Einzug gestern auch filmisch dokumentiert – zu sehen hier in der TVthek.