Die nö. Wohnbau-Darlehen einfach erklärt

Weil ich am Nachmittag via Twitter eine sehr aufschlussreiche Debatte mit dem Büroleiter des nö. Finanz-Landesrates hatte, hier mal eine kleine Erklärung zu der vieldiskutierten Geschichte mit den nö. Wohnbaudarlehen, bei der sich viele nicht mehr auskennen, was nun stimmt.

Da sagt ja der nö. Landeshauptmann bei jeder Gelegenheit, wie erfolgreich diese Veranlagung war, mit einem Durchschnittsertrag von 3,2 Prozent pro Jahr, „besser als jedes Sparbuch“. Was auf den ersten Blick sehr einleuchtend klingt. Trotzdem haben diese Veranlagungen bisher erhebliche Verluste gebracht. Und warum das so ist, lässt sich eigentlich ziemlich leicht erklären:

Angenommen ich biete Ihnen folgenden Deal an: Ich schulde Ihnen Geld – und Sie können sich aussuchen, ob Sie in genau einem Jahr 1.000 Euro von mir bekommen oder lieber heute 950.

WANN IST EIN GEWINN WIRKLICH EIN GEWINN?

Angenommen, Sie nehmen die 950 und legen Sie an. Wie viel Verzinsung müssen Sie dann erreichen, um in einem Jahr einen Gewinn zu haben? Die Antwort ist sehr einfach: mindestens 50,01 Euro. Dann haben Sie in einem Jahr 1.000,01 Euro – statt der 1.000, die Sie in nächstes Jahr ohnehin von mir bekommen hätten.

Wenn Sie bis dahin nur 20 Euro Zinsen schaffen, haben Sie 970 Euro statt der 1.000. Sie haben dann also 30 Euro verloren. Falls Sie glauben sollten, Sie hätten 20 Euro „Gewinn“ erzielt („Hey, ich habe aus 950 ja 970 gemacht!“), vergessen Sie, dass Sie ohne Ihr Anlagegeschäft von mir 1.000 bekommen hätten. Erst wenn Sie mehr als die 1.000 schaffen, machen Sie Gewinn und Ihre Anlagestrategie hat sich rentiert.

Und wie war das nun in Niederösterreich?
Dort wurden in den letzten elf Jahren ca. 4,4 Milliarden Euro veranlagt. Wie hoch die Verzinsung seither war, ist nicht ganz klar. Der Rechnungshof spricht von durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr, der Finanzlandesrat von 2,2 Prozent und der Landeshauptmann von 3,2 Prozent jährlich in den letzten zehn Jahren.

Das wäre aber alles ein Geschäft, wenn das Land diese 4,4 Milliarden in bar gehabt hätte. Hat es aber nicht. Es hatte allerdings gewaltige Wohnbaudarlehen ausständig – im Gesamtwert von rund 8 Milliarden Euro.

WENN DIE KOSTEN HÖHER SIND ALS DIE ERTRÄGE…

Nun kann man seine Forderungen an jemanden anderen verkaufen. Allerdings kostet das etwas – zum einen sind aufgrund der Inflation 100 Euro heute mehr wert als 100 Euro in zehn Jahren. Und außerdem kauft ihr Geschäftspartner ja ein gewisses Risiko mit, nämlich ob diese Forderungen überhaupt eintreibbar sind.

Deshalb werden solche künftigen Forderungen mit einem bestimmten Prozentsatz auf den heutigen „Barwert abgezinst“. Im Fall von NÖ betrug dieser Prozentsatz 4,6 Prozent. So wurden aus 8 Milliarden künftige Forderungen 4,4 Milliarden Bargeld. Und die werden seither angelegt.

Welche Verzinsung muss NÖ nun erreichen, damit das ein guter Deal war? Logischerweise mindestens genauso viel, wie wenn man gar nichts getan hätte und einfach über die Jahre hinweg die 8 Milliarden kassiert hätte. Ganz konkret muss also pro Jahr zumindest jener Betrag verdient werden, um den die Forderungen „abgezinst“ wurden.

Am Beispiel vom Anfang: Sie haben eine Forderung an mich von 1.000 Euro in einem Jahr. Sie nehmen aber lieber heute die 950 (= die 1.000 um 5 Prozent „abgezinst“) und legen sie selber an. Damit Sie Gewinn machen, müsste Sie mehr als die 50 Euro verdienen, die Sie das Abzinsen gekostet hat.

… IST DAS KEIN GEWINN

Und genau das ist das Problem von Niederösterreich. Der „Abzinsfaktor“ betrug 4,6 Prozent pro Jahr, der durchschnittliche jährliche Ertrag lag aber nur irgendwo zwischen 1,8 und 3,2 Prozent (eine genaue öffentliche Aufstellung dazu gibt es nicht). Das ist aber logischerweise zu wenig.

Ein Gewinn würde erst entstehen, wenn am Ende dieser Veranlagung mehr herauskommen würde als die 8 Milliarden, die das Land sowieso bekommen hätte, ohne irgendwas zu tun. Und davon ist man momentan noch weit entfernt.

Die 1,8 oder 3,2 Prozent Verzinsung sind also „Erträge“ aber kein „Gewinn“. Gewinn ist nämlich das, was übrig bleibt, wenn man von den Erträgen die Kosten abzieht. (Wenn Sie einen Kredit um 4,6 Prozent Zinsen aufnehmen und das Geld auf ein Sparbuch mit 3,2 Prozent Zinsen legen, haben Sie zwar Zinserträge am Sparbuch, aber in Summe natürlich keinen Gewinn, sondern einen Verlust.)

Der Landeshauptmann glaubt übrigens – so hat er letzte Woche in einem Interview erklärt – dass sich über die gesamte geplante Laufzeit von 20 Jahren noch eine Durchschnitts-Verzinsung von 5 Prozent ausgehen wird. Das ist rein theoretisch zu schaffen, wenn man in den nächsten acht Jahren mindestens 11,7 Prozent jährlich erreicht (falls die angeblich 2,2 Prozent p.a. bisher stimmen). Aber sagen wir mal so: Spekulieren würde ich nicht darauf.