ZiB2-Interview Wolf-Hofer

Reise nach Jerusalem: Protokoll einer Recherche

Falls jemanden interessiert, worum es da gestern im ZiB2-Interview ging. (Achtung: Das wird jetzt länger)

Die FPÖ und Israel, das ist seit jeher eine komplizierte Geschichte, seit Jörg Haider ganz besonders. Auch wenn sich Parteichef Strache um ein besseres Verhältnis und um Kontakte zu israelischen Politikern bemüht – etwa vor kurzem bei einem neuen Israel-Besuch.

Aber erst letzte Woche hat die israelische Botschafterin in Österreich (in einem APA-Interview) bekräftigt, dass ihre Regierung weiterhin offizielle Kontakte zu FPÖ-Politikern ablehnt: „Das ist unsere Politik, und sie wurde nicht geändert.“

Umso erstaunter habe ich in den letzten Wochen mehrere Interviews von Norbert Hofer gelesen, der im Juli 2014 zu einem Besuch in Israel war, aber erst jetzt von dessen offensichtlichem Höhepunkt berichtet hat, einem offiziellen Empfang in der der Knesset, dem israelischen Parlament:

„Ich war Teil einer Delegation des österreichischen Parlaments und bin von der Präsidentin der Knesset empfangen worden.“ (Standard, 19.4.16)

„Ich kann dazu jetzt nur sagen, dass ich bereits in Israel war und auch offiziell als Dritter Nationalratspräsident in der Knesset empfangen worden bin, auch offizielle Gespräche habe ich dort geführt, unter anderem mit der Vize-Präsidentin des Parlaments.“ (Wiener Zeitung, 14.4.16)

„Ich habe in Israel die Vizepräsidentin der Knesset offiziell getroffen. Das war ein sehr guter Termin. Ich hoffe auf eine Verbesserung der Beziehungen.“ (Presse, 12.3.16)

„Ich war als erster Freiheitlicher in der Knesset eingeladen.“ (Presse, 7.2.16)

„Ich wurde als erster Freiheitlicher in die Knesset eingeladen.“ (Tiroler Tageszeitung, 5.2.16)

War eine Parlaments-Delegation in Israel?

Herr Hofer ist darauf sichtlich stolz – und offenbar sollte das auch signalisieren, dass sich das Verhältnis des offiziellen Israel zur FPÖ ändert. Das fand ich interessant. Ich wusste nicht, dass in den letzten Jahren eine ö. Parlamentsdelegation in Israel war, noch dazu eine mit FPÖ-Beteiligung. Warum wurde ein FPÖ-Politiker plötzlich doch offiziell im israelischen Parlament empfangen. Und warum war das bisher nicht bekannt?

Ich begann also zu recherchieren. Das APA-Zeitungsarchiv enthält sämtliche Artikel aus mehr als 400 ö. und internationalen Medien, aber kein einziges Wort über den Hofer-Empfang in der Knesset. Auch eine Online-Recherche bringt nicht eine Meldung in heimischen oder israelischen Medien über diesen Durchbruch der Beziehungen zwischen der FPÖ und Israel zu Tage. Ebenso wenig die Parlamentskorrespondenz, die üblicherweise über Parlamentarier-Delegationen berichtet.

Anruf im Parlamentspressedienst in Wien, erste Auskunft: Es gab seit vielen Jahren keine Parlamentarier-Reise mehr nach Israel. Anruf in der ö. Botschaft in Tel Aviv, die solche Reisen normalerweise organisiert: Dort weiß man weder etwas von einer Parlaments-Delegation noch von einem Hofer-Empfang in der Knesset und wäre darüber auch „verwundert“.

Auch auf der Website der Knesset ist kein österreichischer Parlamentarierbesuch und kein offizieller Empfang zu finden. Und in der Pressestelle des israelischen Parlaments weiß niemand irgendetwas dazu. Allerdings: Nicht alle Besucher im Gebäude werden so registriert, dass man sie noch Jahre später herausfinden kann. Aber eine offizielle Delegation aus Österreich: Nein.

„There was not any official delegation from Austria“

Die Knesset hat ziemlich viele Vizepräsidenten, aber die einzige Vizepräsidentin im Juli 2014 war die heutige Ministerin Gila Gamliel von der konservativen Likud-Partei. Es ist keineswegs undenkbar, dass sie freiheitliche Politiker trifft, der jüdische FPÖ-Gemeinderat David Lasar (der mit Hofer in Israel war) pflegt seit Jahren inoffizielle Kontakte zu Likud-Vertretern.

Auch für seinen Parteichef Strache hat er vor wenigen Wochen Gespräche in Israel organisiert – allerdings eben inoffizielle Treffen in privatem Rahmen, weil die israelische Regierung offiziell mit der FPÖ keine Kontakte haben will.

Ein offizielles Statement der Ministerin zu einem angeblichen Knesset-Empfang für Herrn Hofer ist aber nicht zu bekommen. Auf mehrere Nachfragen antwortet ihr Media Advisor gestern: Ja, er erinnere sich, dass mal eine FPÖ-Delegation in Israel war, aber wen sie dort wo getroffen habe, das wisse er nicht mehr. Von einem „offiziellen Empfang“ keine Rede. (In der Zwischenzeit hat der KURIER auch den offiziellen Pressesprecher der Knesset erreicht, der ganz klar sagt: „There was not any official delegation from Austria at the Knesset on July 2014.“)

Aber es gibt noch eine andere Quelle – eine, die es wissen muss, und die auch jeden Grund hätte, auf das Ende der Isolation durch die israelische Politik stolz zu sein: die FPÖ.

Und tatsächlich hat die Partei kurz nach dem Israel-Besuch von Hofer und Lasar eine Pressemeldung veröffentlicht. Da wird im Detail geschildert was die drei FPÖ-Besucher in Israel drei Tage lang gemacht haben – u.a. ihre Besuche in Tel Aviv (mit politischen Gesprächen) und in drei Städten im Süden Israels, Ashkelon, Ashdod und Sderot.

Aber kein Wort von einem Besuch in der Hauptstadt Jerusalem und schon gar kein Wort über den offiziellen Knesset-Empfang, für die FPÖ fraglos das wichtigste Ereignis dieser Reise, wenn es denn stattgefunden hat.

Ein Gespräch – ohne Blasmusik

Gestern Abend habe ich im ZiB2-Studio Norbert Hofer zu all dem befragt. Dass sein „offizieller Empfang“ in der Knesset bisher selbst von der FPÖ verschwiegen wurde, erklärt er so:

„Man muss bei diesen Gesprächen sehr vorsichtig sein. Sie wissen ja, dass es offiziell noch keine Kontakte gibt mit der FPÖ. Wir versuchen dieses Verhältnis aufzulösen. Und da schreibt man nicht hinein, ich habe die und die und die Person getroffen. Weil man ja damit, wenn man dann dort war, auf dem diplomatischen Parkett auch etwas zerstören kann.“

Und war es nun ein offizieller Empfang durch die Vizepräsidentin der Knesset?

„Ich habe mir ihr ein Gespräch geführt. Ja. Aber nicht mit der Blasmusik und so weiter. Wir haben uns zusammengesetzt und haben gesprochen.“

Das ist nicht unplausibel. Ich halte es sogar für schwer vorstellbar, dass Herr Hofer ein Treffen mit der Knesset-Vizepräsidentin einfach erfunden hat. Wahrscheinlich ist wohl, dass es ein informelles Gespräch gegeben hat – mit der Zusicherung, es vertraulich zu behandeln, eben weil es keine offiziellen Kontakte zur FPÖ gibt.

Und tatsächlich erklärt heute FPÖ-Pressesprecher Glier dem KURIER: „Es gibt einen guten Grund, warum es dazu keine Berichte oder dergleichen gibt. Weil es kein offizieller Termin war.“

In fünf Interviews bis gestern Abend hat Norbert Hofer, der als Bundespräsident für Österreichs Außenpolitik zuständig wäre, allerdings etwas anderes erzählt:

„Ich war Teil einer Delegation des österreichischen Parlaments und bin von der Präsidentin der Knesset empfangen worden. … Ich habe in Israel die Vizepräsidentin der Knesset offiziell getroffen. … Ich war als erster Freiheitlicher in der Knesset eingeladen.“

Das muss man alles nicht wichtig finden. Aber man kann es – wenn man sich für Außenpolitik interessiert – ganz interessant finden.