Die Texte des Jahres

Jedes Jahr Anfang Dezember darf ich in Berlin an der großen Jury-Sitzung für den deutschen Reporter:innen-Preis teilnehmen, eine der renommiertesten Auszeichnungen für Journalist:innen im deutschen Sprachraum.

Teilnehmen können deutschsprachige Texte, Podcasts und Webprojekte in elf verschiedenen Kategorien – von Newcomern über Wissenschaftsreportage, Essay und Interview bis zu großen investegativen Recherchen und zur „Königsdisziplin“ Reportage. Eine Vorjury hat aus den 940 eingereichten Arbeiten letztlich 107 nominiert. Sie stehen alle hier online – und bieten einen grandiosen Überblick über die besten journalistischen Texte dieses Jahres.

Ich konnte leider noch nicht alle lesen (habe mir das aber fix für die Weihnachtsfeiertage vorgenommen), hätte aber – neben den fabelhaften Sieger-Texten – noch zwei Tipps aus „meiner“ Jury, die für Wissenschaft und Investigation zuständig war:

ZEIT-Reporterin Nadine Ahr hat eine fantastische Reportage über die mysteriöse Erbkrankheit Chorea Huntington geschrieben, über die ich bisher nichts wusste. Die Krankheit entsteht durch einen Gendefekt, ist unheilbar, bricht bei Betroffenen in der Regel erst mit Anfang 40 aus und führt dann in 15 bis 20 Jahren zum Tod. Wer sie hat, gibt sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 50:50 an seine Kinder weiter. Ob sie erkrankt sind, darf man aber erst testen, wenn sie volljährig sind. Besser als Nadine Ahr kann man diese Geschichte nicht erzählen.

Im Bereich Investigation waren großartige Recherchen nominiert, vor allem zu den beiden Megathemen Russland und Rechtsextremismus und jede einzelne ist lesenswert. Daneben hatte ein anderer Beitrag weniger Chancen in der Jury, weil er thematisch dann doch nicht ganz so relevant war. Aber wie kreativ und mit wieviel Aufwand ein Team von ZDF Magazin Royale und FragDenStaat eine absurde Steueroase der Familie Bismarck in einem deutschen Wald aufgespürt hat – das ist schon eine fulminante Recherche.

 

Newsletter abonnieren