Die Konterrevolution der Zornigen

Von all den Büchern, die ich in den letzten Jahren über Populismus gelesen habe, ist dieses das lohnendste. Die deutsche Soziologin Cornelia Koppetsch (TU Darmstadt) sieht den Aufstieg der Rechtspopulisten in Europa und den USA als „Konterrevolution“ gegen die Folgen der Globalisierung seit 1989 – als „kollektiven, emotionalen Reflex“ auf einen „noch unbewältigten epochalen Umbruch“. Das ist ihre grundsätzliche These. Was ihr Buch aber vor allem spannend macht, ist die Differenziertheit und Tiefe der Analyse und wie sie aus verschiedenen soziologischen Perspektiven hergeleitet wird.

GEWINNER UND VERLIERER

Die Globalisierung führte laut Koppetsch zur Herausbildung einer postnationalen, akademisch gebildeten, urbanen professionellen Klasse von Kreativ- und Wissensarbeitern. Deren kosmopolitischen, ökologisch-bewussten, gesellschaftlich-liberalen Lebensstil hat der amerikanische Journalist David Brooks schon vor knapp zwanzig Jahren präzise beschrieben – in seinem globalen Bestseller „Bobos in Paradise“. Gute Ausbildung, Sprachkenntnisse und „global einsetzbares kulturelles Kapital“ machen das „postindustrielle Bürgertum“ der bourgeoisen Bohemiens zu den Gewinnern der wirtschaftlichen Liberalisierung und Globalisierung.

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Wer hat die Zeitungsbranche geschrumpft?

Anfang der 70er Jahre wurden in den USA jeden Tag mehr als 60 Millionen Tageszeitungen verkauft. 2018 ist die Gesamtauflage (Print + digital) auf 28,6 Millionen gefallen, nochmal ein Minus von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

2005 haben US-Zeitungen knapp 50 Milliarden Dollar mit Werbung verdient. 2018 waren es noch 14,3 Milliarden, um 13 Prozent weniger als im Jahr davor. Die Details sind in diesem Text nachzulesen (und ausführliche Daten zur Situation der gesamten Medienindustrie in den USA im Jahr 2018 gibt es hier).

Grafik mit Link zum ArtikelPEW RESEARCH CENTER 9.7.2019

Über Jugendsünden und die Macht von Wikipedia

Wenn man öfter im Fernsehen auftritt, wird gelegentlich auch über einen geschrieben und man wird zu Diskussionsveranstaltungen eingeladen, in Schulen, auf Unis, von Kulturvereinen. Die Gesprächspartner, auf die man dort trifft, sind sehr unterschiedlich vorbereitet. Manche verblüffen einen mit biografischen Details und müssen wirklich viel gelesen haben, andere wissen eher wenig. Das einzige, das immer alle kennen, ist der Wikipedia-Eintrag ihres Gastes.

Ich bin kein PR-Experte, aber eines habe ich in den letzten 17 Jahren in einem relativ exponierten Beruf gelernt: Es gibt für Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, kaum etwas Wichtigeres als ihren Wikipedia-Eintrag. Das ist das, was jeder von einem weiß.

Auf meiner Wikipedia-Seite zum Beispiel steht seit etlichen Jahren, dass ich mal Mitglied der Jungen ÖVP war. Und da steht auch: „Seine JVP-Mitgliedschaft bezeichnete Wolf später als ‚Jugendsünde‘.“

DIE WAHRE GESCHICHTE

Seither wurde ich dutzendfach auf dieses Zitat angesprochen, vor allem in Diskussionen mit Jugendlichen – und erst vor wenigen Tagen stand es wieder in einem Zeitungsporträt. Und jedesmal muss ich diese „Jugendsünde“ erklären – deshalb erkläre ich sie jetzt mal hier. Was nämlich nicht auf Wikipedia steht: Die „Jugendsünde“ war ironisch gemeint.

Und ich verdanke sie Michael Spindelegger. (Von dem ja sonst – außer der Entdeckung von Sebastian Kurz – eher wenig blieb.)

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