Stichelei

Selten habe ich so viele so gegensätzliche Reaktionen zu einem Interview bekommen wie gestern zum Gespräch mit dem Bürgermeister von Feldkirch, der sich am Wochenende in einem Seniorenheim seiner Stadt gegen Corona impfen ließ.

„Bravo und danke fürs Nachbohren!“, „Legendäres Interview. #alternativefacts auf Österreichisch“, „Diese Art von Missbrauch muss offengelegt werden!“, haben die einen geschrieben, oder auch: „Meine Mutter, 88J., wohnt 100m vom Seniorenheim entfernt und ist für eine Impfung angemeldet. Sie wäre schnell dort gewesen.“

Andere hingegen fanden das Interview maßlos überzogen:

„Es war unverständlich und geradezu peinlich, mit welchem Eifer Sie den Bürgermeister vorgeführt haben. Die Unverhältnismäßigkeit – nicht nur in Bezug auf den Vorwurf, sondern auch auf die Länge des Beitrags – war an der Grenze des Erträglichen.“ Oder: „Sie haben ihn vorgeführt als hätte er ein Schwerverbrechen begangen. Weniger wäre mehr gewesen, die Botschaft ist ja eh angekommen.“

Ich fürchte, die Kritiker*innen haben leider recht. Das Interview war für den Anlass und den Gesprächspartner einfach zu lang.

Einige, denen das Gespräch gefallen hat, haben es mit dem ZiB2-Auftritt des Tiroler Gesundheitslandesrats Tilg nach Ischgl verglichen („Wir haben alles richtig gemacht.“), aber es ist doch etwas anderes, ob sich durch offensichtliches Missmanagement der Politik 11.000 Corona-Infektionen durch Europa verbreiten oder ob sich ein Bürgermeister vorzeitig impfen lässt.

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Was den Fall in Feldkirch von anderen Bürgermeister*innen unterscheidet, ist allerdings die Heimärztin, die schwere Vorwürfe erhebt und die in unserem Beitrag vor dem Interview auch ausführlich zu Wort kam. Trotzdem haben letztlich die Dimensionen nicht gepasst. Dabei glaube ich gar nicht, dass die einzelnen Fragen falsch oder unberechtigt waren – jede meiner Fragen konnte man sinnvollerweise stellen. Es waren nur zu viele.

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Trumps Trompete

Die Epoch Times war lange ein obskures, völlig irrelevantes Medium der Falung Gong-Sekte, aber in den letzten Jahren ist die Plattform mit bizarren Verschwörungs-Texten, der Verehrung von Donald Trump, aggressiver Corona-Verharmlosung und einem Vermögen für Facebook-Werbung zum Lieblings-Organ von Rechten und Rechtsextremen geworden, die Artikel der Website via Social Media millionenfach verbreiten. Wie das gelungen ist und mit welchen Folgen, beschreibt diese exzellente Recherche:

Screenshot mit LinkTHE ATLANTIC, 13.1.2021

Der Lügen-Präsident

Seit dem ersten Tag der Amtszeit von Donald Trump überprüft ein eigenes Team der Washington Post jede einzelnen seiner öffentlichen Aussagen. In den vier Jahren seither hat es der habituelle Lügner im Weißen Haus auf mehr als 30.000 Unwahrheiten, falsche Fakten und offene Lügen gebracht, das sind im Schnitt 21 pro Tag. Sein „stärkster“ Monat war der Oktober 2020 vor der Präsidentenwahl mit knapp 4.000 Unwahrheiten. Und am 2. November, unmittelbar vor der Wahl, kam der US-Präsident auf 504 (!) öffentliche Falschaussagen an einem einzigen Tag.

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WASHINGTON POST, 13.1.2020


Präsidenten lügen ständig, über alles von Kriegen über Sex bis zu ihrer Gesundheit, schreibt George Packer in einem brillanten Atlantic-Essay über die Amtszeit von Donald Trump, aber: „Trump’s lies were different. They belonged to the postmodern era. They were assaults against not this or that fact, but reality itself.“ Einer der besten Texte über das furchtbare Erbe Trumps:


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THE ATLANTIC, 9.12.2020

Trumps allerbeste Momente

Zum Abschied von Donald Trump hat der US-Journalist Jules Suzdaltsev auf Twitter Bilder von seinen absurdesten Auftritten zusammengestellt (auf den Tweet klicken und dann den ganzen Thread anschauen – lohnt sich!)