Türschild VwGH

„Objektiv unwahr“

Tempelberg, die dritte. Und letzte. Instanz nämlich.

Jetzt hat FPÖ-Chef Norbert Hofer in der „Causa Tempelberg“ also auch vor einem Höchstgericht gegen den ORF verloren. Nach der Medienbehörde KommAustria und dem Bundesverwaltungsgericht hat sich Hofer nun vom Verwaltungsgerichtshof bestätigen lassen, dass er im Präsidentschafts-Wahlkampf 2016 über seine Erlebnisse am Tempelberg in Jerusalem („Ich hab dort auch Fürchterliches erlebt. Also ich bin mitten in einen Terrorakt hineingekommen, neben mir wurde eine Frau erschossen.“ ) mehrfach die Unwahrheit gesagt hat:

„Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Revisionswerber [Hofer] in der Diskussionssendung ‚Wahl 16 – Das Duell‘ eine objektiv unrichtige Aussage vorgehalten wurde …, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, dazu Stellung zu nehmen und die Angelegenheit aufzuklären, und dass der Revisionswerber … auf der Richtigkeit seiner Aussage beharrt hat.“

Das Absurde daran: Es ist seit nahezu fünf Jahren völlig unstrittig, dass Hofer nie „mitten in einem Terroranschlag“ war, bei dem „zehn Meter neben mir“ eine schwerbewaffnete Frau erschossen wurde, weil es einen solchen Terroranschlag schlicht nie gegeben hat. Der FPÖ-Politiker hat in Jerusalem auch keine erschossene (oder angeschossene) Frau gesehen, er hat nie einen Schuss gehört. Und obwohl er von Ingrid Thurnher im TV-Duell nur gefragt wurde, ob er da etwas „verwechselt“ hätte, hat er seither mehrere Jahre lang und in drei Instanzen versucht, dem ORF eine Verletzung des Objektivitätsgebotes nachzuweisen.

Das Höchstgericht stellt nun in seiner Ablehnung der Revision (hier im Volltext) nüchtern fest:

„… dass ein zutreffender sachlicher Hinweis auf eine Unwahrheit in der Aussage eines Diskussionsteilnehmers jedenfalls als solcher keine Verletzung des Objektivitätsgebots darstellen kann, ist es doch gerade die Pflicht der mitbeteiligten Partei  [des ORF], objektiv – und damit wahrheitsgemäß – zu berichten und alle Nachrichten und Berichte sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Äußert ein Kandidat für ein hohes öffentliches Amt (hier: mehrfach) die Unwahrheit, so muss es möglich sein, diesen damit zu konfrontieren.“

Lauter Selbstverständlichkeiten würde man meinen. Tatsächlich aber hat die FPÖ dem ORF damals einen „unfassbaren Skandal“ und „perfide und widerliche Wahlmanipulation“ vorgeworfen und den Rücktritt von Generaldirektor Wrabetz und Moderatorin Thurnher verlangt. Parteichef Norbert Hofer hat sich bis heute weder für diese grotesken Anschuldigungen entschuldigt, noch dafür, dass er im Wahlkampf um das höchste Amt im Staat mehrfach die Unwahrheit gesagt hat.

Manchmal wundert man sich wirklich, was alles möglich ist.


PS: Ich habe hier im Blog die ursprüngliche Entscheidung der KommAustria und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sehr ausführlich dargestellt. Und gleich am Tag nach dem TV-Duell im Mai 2016, wie ich überhaupt darauf gestoßen bin, dass Hofers Erzählung nicht stimmen konnte.
TITELBILD: vwgh.gv.at