Am 3. Februar 2025 feiert die ZiB2 ihren 50. Geburtstag — und ist damit das älteste tägliche Nachrichtenmagazin im deutschsprachigen Fernsehen. Die ARD-Tagesthemen und das heute-journal des ZDF starteten erst Anfang 1978, also knapp drei Jahre später, und das Schweizer Pendant 10 vor 10 überhaupt erst 1990.
Der Falter nennt die ZiB2 in seiner jüngsten Ausgabe „Österreichs wichtigste Nachrichtensendung“ — und das aktuelle TVmedia schreibt: “1975 war sie noch ein Experiment, heute ist die ZiB2 das spannendste News-Format im TV.“ Was uns naturgemäß freut.
Zu Beginn war die Sendung tatsächlich ein Experiment — ich habe zum 40. Geburtstag hier im Blog ein bisschen was zur Entstehung und zur Geschichte der Sendung geschrieben, auch mit historischen Bildern. (Und hier noch ein Text über Robert Hochner, der die ZiB2 als Moderator von 1979 bis zu seinem schrecklich frühen Tod im Jahr 2001 geprägt hat wie niemand sonst.)
Aber in keinem Jahrzehnt der ZiB2-Geschichte ist so viel passiert wie in den letzten zehn Jahren, seit unserem 40. Geburtstag: Flüchtlingsströme, IS-Terror, Brexit, Trump, Pandemie, Wirtschaftskrise, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Rekordinflation, der 7. Oktober in Israel, Gaza-Krieg, Trumps Comeback — und über allem die Klimakrise.
In Österreich hieß 2015 der Kanzler noch Faymann, bald Kern, Kurz, Bierlein, nochmal Kurz, Schallenberg, Nehammer, wieder Schallenberg und demnächst wohl Kickl. 2016 wurde der Bundespräsident gleich drei Mal gewählt, 2017 auf Ibiza zu viel getrunken, 2018 der Verfassungsschutz gestürmt, mehrere Jahre lang tippte ein Spitzenbeamter rund 300.000 Chat-Nachrichten in sein Handy und ein vermeintlicher Immobilien-Milliardär ging spektakulär bankrott.
Doch auch in der ZiB2 hat sich sehr viel getan: Vom Sendungsteam, das ich zum 40er beschrieben habe, sind zehn Jahre später noch genau zwei Personen in der Redaktion: Chef vom Dienst Johann „Ulli“ Ullmann und ich. Alle anderen aktuellen Kolleg·innen sind später zu uns gestoßen, von Redaktionsleiter Christoph Varga (2018) über die Moderator·innen Martin Thür, Margit Laufer und Marie-Claire Zimmermann (als Rückkehrerin — „MC“ hat schon von 2007 bis 2010 mit mir moderiert) bis zu den Reporter/Producer·innen Peter Babutzky, Sinan Ersek, Madeleine Gromann, Patrick Gruska, Harald Jungreuthmayr und Regina Pöll. Zum 50er habe ich für das Team letzte Woche T-Shirts besorgt, mit einem Slogan, den ich von der amerikanischen Daily Show ausgeliehen hatte: „THE BEST FU#@ING NEWS TEAM EVER“. Weil‘s wahr ist.

Auch die Sendung selbst hat sich verändert. Seit 2019 gibt es die ZiB2 auch am Sonntag (ausnahmsweise um 21h50), seit 2023 kommt sie aus einem vollautomatisierten Studio im neuen multimedialen Newsroom des ORF. Vor allem aber hatten wir in den letzten Jahren neben unseren Reportagen und Studiogesprächen sehr viel mehr exklusive Enthüllungen: Mit Ulla Kramar-Schmid und Martin Thür, die beide für ihre Recherchen vielfach ausgezeichnet wurden, ist die ZiB2 zu einer der führenden investigativen Redaktionen des Landes geworden. Das meistzitierte Medium Österreichs sind wir nicht mehr nur wegen der Live-Interviews, sondern vor allem auch wegen unserer vielen exklusiven Recherchen.
Was ist noch passiert? Im Frühling 2020, während der ersten Monate der Pandemie, wohnte und arbeitete ein ZiB2-Team knapp sechs Wochen lang in einem abgerieglten „Isolationsbereich“ des ORF-Zentrums (im Blog habe ich davon erzählt). Die Corona-ZiBs dauerten teilweise über eine Stunde und die Quoten waren atemberaubend. Viele Sendungen wurden von einer Million Menschen oder mehr gesehen, von 2020 bis 2022 hatte die ZiB2 die höchste Reichweite ihrer langen Geschichte, mit durchschnittlich rund 800.000 Zuseher·innen täglich.
Mein persönliches Highlight der letzten zehn Jahre hat sich allerdings nicht im Studio abgespielt und auch nicht im ORF-Zentrum, sondern in Moskau, im Großen Präsidentenpalast des Kreml. Das Gespräch mit Wladimir Putin im Juni 2018 war mit Abstand das schwierigste Interview, das ich je geführt habe und das mit der größten internationalen Resonanz.
Sehr am Herzen lag mir eine Reportage-Serie, die wir im Sommer 2017 drehten. In seiner brillanten Studie Rückkehr nach Reims hatte der französische Soziologe Didier Eribon die (politische) Veränderung seines Heimatorts und -milieus seit seiner Jugend beschrieben. Davon inspiriert entwickelten wir die ZiB2-Homestories: Neun Reporter·innen aus allen Bundesländern besuchten mit der Kamera nach Jahrzehnten ihre Herkunftsorte wieder — in meinem Fall wurde es eine Rückkehr ins Olympische Dorf in Innsbruck, wo ich in den 1970er Jahren aufgewachsen bin.
Zum runden Jubiläum der ZiB2 sind nun in einem Best of-Archiv von ORF.on mehr als 100 Videos aus einem halben Jahrhundert zu sehen, darunter die bekanntesten und besten Interviews — von Yassir Arafat, Peter Ustinov oder Arnold Schwarzenegger im Gespräch mit Robert Hochner, über Elmar Oberhauser mit Willy Brandt, Rudolf Nagiller mit Kurt Waldheim, Gerhard Vogl mit Simon Wiesenthal, Ingrid Thurnher mit Bud Spencer & Terence Hill (und natürlich auch mit Otto) bis zu Martin Thürs großartigem Interview mit Sebastian Kurz nach der Hausdurchsuchung im Kanzleramt. Es gibt davon einen sehenswerten Trailer.
Ich durfte Gespräche mit Harald Vilimsky, Erwin Pröll und Richard Lugner beisteuern, die auf Sendung ein wenig die Contenance verloren — und eine Begegnung mit Frank Stronach, der mir direkt nach dem Interview, während der nächste Beitrag lief, in seinem Kanada-Steirisch sehr direktes Feedback gab: „Du hoscht jetzt aber schon sehr dumme Frogn geschtellt.“ So ehrlich sind Studiogäste selten.
Vor allem aber hat mein Kollege Patrick Gruska in den letzten Wochen eine hinreißende ZiB2-History über unsere ersten 50 Jahre produziert, mit großartigen Beiträgen von Peter Fritz, Peter Babutzky und Birgit Schwarz. Margit Laufer war in Mainz im ZDF-Studio bei Marietta Slomka vom heute-journal und hat sie übers Interviewen interviewt und ich habe im (fast) originalen Studio der ersten ZiB2 einen Zeitzeugen getroffen: Rudolf Nagiller, heute 81 und viele Jahrzehnte lang einer der ganz großen ORF-Journalisten, war 1975 Inlands-Chef der Zeit im Bild um 19h30, als ein kleines Team rund um Kuno Knöbl eine zweite, ziemlich „andere“ Nachrichtensendung erfand. Wie die ersten Reaktionen darauf waren? „Staunen“, erinnert sich Nagiller: „Großes Staunen.“